Welches ist der beste Gartenzwerg im Social Web und warum Amen keine Antwort auf Quora ist und hat.
„Sicher gibt das böses Blut doch Sprache ist, das wissen wir, dass allerhöchste Gut und ohne Klarheit in der Sprache ist der Mensch nur ein Gartenzwerg“
heißt es in der Lied gewordenen Trinker-Philosophie „Vier Minuten“ der Band Element of Crime.
Wie schwer das mit der Klarheit in der Sprache ist, erlebt man nicht zuletzt bei der passiven und aktiven Auseinandersetzung in und mit diversen Social Networks.
Was habe ich damals die strengen Guidelines des Netzwerks Quora gefeiert, weil ich mir erhoffte, dass klar formulierte Fragen auch klar formulierte Antworten hervorbringen würden. Leider aber schafft es der Homo Socialis, sogar auf eine Frage wie „Was ist das Notebook mit den meisten 3DMark-Punkten“ eine Antwort zu formulieren, die mit „it depends“ beginnt oder hält es – noch besser – für nötig, die Bedeutung des 3DMark-Werts in 1.000 Zeichen auseinanderzunehmen.
Humankind is enslaved by Laberei
Nein, der Mensch ist nicht dazu gemacht, nur dann zu antworten, wenn er eine klare Meinung hat oder etwas wirklich weiß. Dass wissen wir spätestens seit der Erfindung der TV-Talkshow. Interessant ist aber trotzdem, dass selbst in einem Netzwerk mit strengsten Frage-Regeln und strengster Kontrolle die gegebenen Antworten in Sachen Klarheit eher an den Nebel Londons erinnern als die Sonne Palo Altos, wo Quora beheimatet ist.
Dabei hat Quora extrem ehrgeizige Ziele! Eine Wissensdatenbank soll dort entstehen, die Wikipedia oder Google überflüssig macht, in dem die Suche nach Informationen im Netz auf ein neues Level gehievt wird. Menschen, die wissen wollen, was das teuerste Hotel der Welt ist, sollten nicht mehr bei Google nach Keyword-Kombination wie „Hotel+teuerste+Welt“ suchen sondern genau die Frage stellen, die ihnen auf der Seele brennt! Also zum Beispiel „Was ist das teuerste Hotel der Welt?“ oder „Was ist der teuerste Cocktail, der je an einer Hotelbar ausgeschenkt wurde?“ Doofe Fragen, sagst Du? Nun, ich persönlich würde mich nicht wundern, wenn diese Frage weltweit schon häufiger gestellt wurde als die Frage danach, ob ein öffentliches Verkehrsmittel zu Recht Hochbahn heißt, obwohl es kurz vor Schöneberg im Abgrund verschwindet. Um noch mal auf eingangs erwähnten Song zurückzukommen.
Amen: Antworten auf Fragen, die bei Quora noch nicht gestellt wurde
Noch interessanter allerdings ist, dass in eben jenem Berlin ein neues Netzwerk aus dem Boden gestampft wurde, dass nun genau die klaren Antworten gibt, die ich bei Quora vermisse. Ok, manche behaupten ja, mit Amen würde auch die Sprache veramen, aber viel schlimmer ist doch, dass man dort nur mit Antworten um sich wirft auf Fragen, die noch gar keiner gestellt hat.
Als ich neulich Jean Pütz als besten Vorbereiter ever geamet (?) habe, hat niemand meine Provokation aufgegriffen und widersprochen mit „Hell No, Ryan Giggs is!“ – Womit er ja zumindest im Hinblick auf die Premier League absolut recht gehabt hätte (Für Interessierte: Kumulierte 100 Assists in seiner Karriere).
Es bleibt also festzuhalten, dass wir einfach keine Maschinen sind, die auf klare Fragen nur eine – und zwar die richtige – Antwort geben. Genau das ist (das nur mal am Rande für die Popkulturbeutel unter Euch) im Übrigen der Unterschied zwischen der unumstößlichen Wahrheit 42 und der nebulösen 23! Ich fürchte, an dieser menschlichen Laber-Schwäche ändern selbst Seminare von Thilo Baum (Autor des Werks „Komm zum Punkt!: Das Rhetorik-Buch mit der Anti-Laber-Formel“) nichts. Zumindest drückt sich dieser Eindruck auf, wenn selbst überzeugte Rezensenten des Buches auf Amazon es nicht schaffen, den Inhalt auf weniger als 20 Zeilen zu beschreiben. Auf den Punkt kommen geht irgendwie anders….
Aber sind wir denn nun alles Gartenzwerge? Und was ich Euch eigentlich mit diesem Blogbeitrag sagen will?
Nun, das kommt ganz drauf an!
3 Kommentare
Sören
Hey Sebastian. Jetzt hat’s ein Stück gedauert, bis ich hier wieder vorbeigeschaut habe … Klare Frage, klare Antwort – solange man die selbe Perspektive hat oder meint, das Selbe zu meinen ;) Und dann gibt es ja noch Einige die behaupten, es sei ohnehin viel wichtiger die Frage zu finden, da die Antworten schon alle da sind. (–> 42)
Das Humor-Kategorie hatte ich anfangs übersehen, sonst hätte ich mich wohl nicht so hineingesteigert. Da wir uns in einer Zeit befinden, die Meinungsbildung und Interessenausgleich verlangt (und wir nun mal lediglich die Krücke „Sprache“ zur Kommunikation haben) musste mein Senf hier rein … aber Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht.
sebastian
Hi Sören, sorry, dass meine Antwort so lange auf sich warten ließ! Ich will natürlich NICHT Das Laber-Bedürfnis aberziehen, dazu quatsch ich selber viel zu gerne. Dieser Beitrag ist in der Kategorie „Humor“ verfasst! Und auf die Frage, welcher Rechner die besten Werte im 3DMark-Benchmark hat, kann es trotzdem nur EINE Antwort geben und alles andere dürfte den Fragesteller nicht interessieren!
Es gibt sicher sehr viele kleine und große Tools, die bei der Meinungs- oder Wissensfindung dienen, aber entscheidend wird immer sein, dass man Fragen und Antworten möglichst klar formuliert. Amen macht das in der restriktivsten Form, die man sich denken kann und dadurch werden Trends klar aufgegriffen. Noch aber ist der Nutzen sehr gering, da es keine Frage gibt und man nach Antworten nicht suchen kann :D
Sören
„Es bleibt also festzuhalten, dass wir einfach keine Maschinen sind, die auf klare Fragen nur eine – und zwar die richtige – Antwort geben.“
Das wird wohl vor allem daran liegen, dass es – selbst auf klare Fragen – oft nicht DIE richtige Antwort gibt. Die Antwort liegt irgendwo zwischen Wunsch und Realität und beides ist individuell geprägt. Sobald es nicht um harte, knochentrockene Fakten geht, können wir nur Meinungen, Ansichten, sprich Antwortvorschläge geben. Die Perspektive, aus der heraus sie gegeben werden, spielt fürs Verständnis eine wichtige Rolle – also müssen meist ein paar Worte mehr gemacht werden. Klar zu sprechen, sich kurz fassen zu können, ist oft mehr Tugend/Fähigkeit als fehlende Absicht.
Statt also das Laber-Bedürfnis aberziehen zu wollen, scheint es doch eher sinnvoll und notwendig, es in überschaubare und konstruktive Bahnen zu lenken. Statt „Jede/r ihr/sein Töpfchen mit dem ganzen Senf“, „Jeder Schluck Senf in das passende Töpfchen“. Es fordert natürlich, dass man schon weiss, was man sagen will und ein bisschen mehr Ambitionen reinlegt als in einen FB-Kommentar. Zur Belohnung gibt’s dann aber Antworten, die mehr 42 als 23 sind.
Wie es mir scheint, sucht Quora Antworten während Amen Meinungen/Meinungsmehrheiten sammelt (wobei mehr auf die Unterhaltung als die Meinungsbildung abgezielt wird) Mit http://echo.to steht eine Social Software zur Verfügung, die die Antwortfindung mit dem diskursiven Prozess der Meinungsbildung verbindet und für eine unlimitierte Zahl von Teilnehmern ausgelegt ist. Das ist nicht immer einfach und fetzig, erfordert Konstruktivität und Engagement, ist im Ergebnis aber allemal gehaltvoll.
Ums kurz zu fassen: Der springende Punkt ist der Ball und nicht das Spielfeld, dass sich hoch und runter bewegt.