Weihnachten mit den Fischen: „This year, to save me from tears…“
Frauen und Technik haben es schwer, sagen manche. Italienische Frauen aus bildungsbürgerlichen Familien haben es schwerer, sage ich.
So sehr ich in meinen Erinnerungen krame – Weihnachtsfeste in meiner Kindheit hatten rein gar nichts mit moderner Technik zu tun. Eher wollten meine Eltern die fünfziger Jahre wieder aufleben lassen. Statt der längst üblichen CDs wurde die Schallplatte aus der Kindheit meines halbdeutschen Vaters mit deutschen Weihnachtsliedern aufgelegt, Lichterketten waren verpönt, es mussten echte Kerzen am Weihnachtsbaum brennen. Unter diesem lagen für das typische Mädchen Puppen, Puppenkleider und Puppenmöbel und natürlich sehr viele Bücher. Für den typischen Jungen gab es einen neuen Fußball, Legosteine und natürlich sehr viele Bücher. Einen Walkman oder gar einen Gameboy habe ich nie besessen und auch ein Fernsehgerät hätte man in unserem Hause vergebens gesucht. So musste ich nach dieser entbehrungsreichen Kindheit erst zwanzig Jahre alt werden, bis ich mein erstes, langersehntes „technisches Geschenk“ unter dem Weihnachtsbaum fand. Und es sollte eine prägende Erfahrung werden.
Mein damaliger Freund, Philosoph von Beruf, kannte offenbar meine geheimsten Wünsche. Er hatte mir ein hübsch eingepacktes, rechteckiges und ziemlich schweres Päckchen mitgegeben, dass ich erst unter dem Weihnachtsbaum öffnen sollte. „Endlich mal kein Buch!“, dachte die fleißige Studentin in mir und hatte nicht den blassesten Schimmer, womit ihre damalige große Liebe sie überraschen würde. Kaum hatte ich es geöffnet, fielen die Männer in meiner Familie lachend von ihren Sesseln. Meine Mutter aber warf mir einen mitleidigen Blick zu und ich war sprachlos. Was ich in den Händen hielt, war ein echtes, schweres, schwerwiegendes und schwer ernst gemeines Bügeleisen. In der beiliegenden Karte stand: „Schatz, ich weiß, Bügeln macht Dir Freude!“ Da überwand meine Mutter ihre Technikverdrossenheit und griff tatsächlich zum Fotoapparat, um diesen unvergesslichen Moment zu verewigen:
Jahrelang bügelte ich diesem Mann voll heimlichen Grolls seine Hemden. Das kommt davon, wenn man als kleines Mädchen nur Puppen unter dem Weihnachtsbaum findet. Das letzte Weihnachtsgeschenk, das ich von diesem Mann vor unserer Trennung erhielt, war übrigens eine recht nüchterne Duschaufhängung. Als ich endlich aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war und mir mein eigenes Heim aufbaute, kaufte ich voller Begeisterung Werkzeug (ich kenne bis heute niemanden, der so viele Schraubenzieher besitzt wie ich). In jenem Jahr wünschte ich mir zu Weihnachten zum ersten Mal von meinem Vater ganz explizit einen technischen Gegenstand: Ich brauchte dringend eine Bohrmaschine! Unter dem Weihnachtsbaum lag dann ein hübscher, kleiner Akku-Schrauber. Mein Vater hatte eine Bohrmaschine als zu gefährlich für ein Mädchen befunden und stattdessen weiterhin vor allem in Lektüregeschenke investiert.
Meine gegenwärtige ewige große Liebe behauptet, dass für mich als Frau die Fernbedienung des Fernsehers ein unergründliches Mysterium darstelle. Selten habe ich für Mysterien dermaßen wenig Interesse aufgebracht. Dafür habe ich Ahnung von gewissen hoch modernen Tracking-Technologien, vom Geldverdienen im Internet und sogar von semantischen Suchtechnologien – und bügele keine Hemden mehr. Geschenke von Männern schätze ich nicht zufällig dann besonders, wenn sie sehr klein sind und funkeln. Man muss Vorurteile auch ausnutzen können. Ich finde eben die Kombination Technik – Männer – Weihnachten schwer (verdaulich).
2 Kommentare
Mone
Ein Bügeleisen – du musst schwer verliebt gewesen sein, dass du nicht sofort die Flucht ergriffen hast ;)