Tools: Medium.com bringt Schwung in Corporate Blogs
Es muss nicht immer WordPress für den Corporate Blog sein, doch was bietet sich alternativ noch an, um die eigene Expertise nach außen zu transportieren?
Bei Onlinern hat sich Medium mittlerweile zur etablierten Plattform entwickelt, wenn es um das Veröffentlichen der eigenen Meinung geht. Vor allem Startups experimentieren gern mit dem Tool. Da wird der Corporate Blog oder gleich das ganze Presskit ausgelagert. Aber ist das sinnvoll?
Was ist Medium?
Medium ist im August 2012 aus dem Bedürfnis heraus entstanden, eine Plattform für Texte zu schaffen, die zu kurz für einen eigenen Blogeintrag oder zu lang für Twitter sind. Kreativer Kopf hinter Medium ist Evan Williams, der nicht nur bei Twitter seine Finger im Spiel hatte, sondern auch schon Blogger.com ins Leben rief. Beide Plattformen hatten Einfluss auf die Entwicklung der neuen Idee.
Das spürt man vor allem nach der Registrierung, wenn man basierend auf Wunschthemen eine Liste mit Personen angeboten bekommt, denn man folgen sollte. Ist man dann einmal angemeldet, gibt es Funktionen, die man von anderen sozialen Netzwerken kennen: Beiträge liken bzw. empfehlen, was einem Retweet ähnlich ist. Der “empfohlene” Beitrag erscheint auch auf dem eigenen Profil.
Möchte man eine bestimmte Textpassage speichern, kann man auf die Highlighting-Funktion zurückgreifen. Jede markierte Textpassage findet ebenfalls ihren Weg auf das eigene Nutzerprofil. Somit können Besucher des eigenen Profils auf andere spannende Texte stoßen, sei es durch eine Empfehlung oder durch ein interessantes Zitat, das markiert wurde.
Wie bei vielen anderen Plattform gilt: My Profile is my Castle – ein Profil kann also nur von einem Nutzer befüllt werden.
Medium als Alternative für WordPress
Bei den sogenannten Publications sieht das schon anders aus. Diese können von verschiedenen Autoren bespielt werden, zum Beispiel zu einem gemeinsamen Themenkomplex oder als Ersatz für den Corporate Blog.
Selbst als WordPress-Fanboy kann ich nachvollziehen, warum manch einer lieber auf Medium setzt. Bei WordPress kann man sich sehr schnell in Kleinigkeiten verlieren, vor allem bei den unzähligen Design- und Funktionsmöglichkeiten. Medium dagegen bleibt schlicht und aufgeräumt und bietet mit dem Follower-Prinzip und den Empfehlungen trotzdem alles, was ein Corporate Blog braucht.
Wer sich mit seinem Twitteraccount bei Medium anmeldet, fängt zudem bei seinen Followern nicht bei Null an. Medium lässt automatisch die eigenen Twitterfollower dem neuen Account folgen, die bereits bei Medium angemeldet sind. Wer jetzt noch hochwertige Inhalte kreiert und diese clever verschlagwortet, kann schnell an Reichweite und Followern zulegen. Und wer gute Inhalte erstellt, hat auch gute Chancen von einem der vielen reichweitenstarken Accounts gefeatured zu werden.
Seit geraumer Zeit bieten die Publications eine Newsletter-Funktion, um Follower direkt auf neue spannende Beiträge aufmerksam zu machen. Das alles steht kostenlos zur Verfügung und man muss sich um die Verfügbarkeit keine Gedanken machen. Technische Neuheiten wie Instant Articles, Googles AMP oder einfach nur Verbesserungen im Sinne der Suchmaschinenoptimierung werden von der Plattform automatisch unterstützt beziehungsweise zeitnah ausgerollt.
Zusammenfassend lassen sich folgende Vorteile von Medium festhalten:
- Kein mühseliges Aussuchen eines Templates
- Nutzung vorhandener Infrastruktur
- Empfehlungen/Likes, Highlights und Hashtags bringen neue Leser
- Es gibt einen Out-of-the-Box-Newsletter
- Es ist kostenlos
Wer bereits einen Blog betreibt, sollte aber sehr genau darüber nachdenken, seinen Blog auf Medium zu migrieren. Davon würde ich persönlich dringend abraten, da bestehende Backlinks und das Ranking für Keywords eingebüßt werden. Wer dagegen bei Null anfängt – zum Beispiel, um einen Blog für sein Startup oder Nebenprojekt einzurichten – sollte Medium zumindest im Hinterkopf behalten.
Medium für den Einsatz in der Pressearbeit
Aber nicht nur Corporate Blogs finden ein Zuhause auf Medium. Es gibt bereits vereinzelt Startups, die ihre Pressematerialien auf die junge Plattform auslagern. Schnell sind in einem Medium-Post alle nötigen Informationen zusammenfasst. Das Startup Ozlo hat das Ganze recht gut umgesetzt. Bildmaterialien, Pressestimmen und ein Pressekontakt: Alles Notwendige ist in dem einzelnen Beitrag zu finden. Nebenbei haben sie noch weitere Informationen und Inhalte auf Medium in einer eigenen Publication gesammelt.
Wie so oft gilt: US-Startups sind in Sachen Medium viel experimentierfreudiger als ihre deutschen Kollegen. Eine Ausnahme ist zum Beispiel SMACC. Das Berliner FinTech-Startup nutzt Medium mit dem Publications-Feature als Presseseite. Zusammen haben wir den Einsatz konzeptioniert und umgesetzt. Die Publication vereint verschiedene Beiträge und bietet im Vergleich zum einzelnen Post eine übersichtliche Anlaufstelle, mit der auch Pressevertreter gut zurecht kommen. Ein weiterer Punkt, der für die Publication spricht: Im Vergleich zu einem Medium-Profil kann einer Publication eine eigene Domain zugewiesen werden. Im Falle von SMACC steht dieser Schritt noch aus.
Fazit
Sieht man von dem Totschlagargument “Zukunft der Plattform”* ab, bietet Medium für neue und junge Unternehmen einen guten Ausgangspunkt. Wer sich nur Gedanken über seine Inhalte und nicht über seine Infrastruktur machen möchte, ist bei Medium gut aufgehoben. Wer bereits einen Corporate Blog betreibt, sollte über das Thema “Seeding via Medium.com” nachdenken, schließlich lassen sich dadurch ebenfalls neue Leser für den eigenen Blog gewinnen. Für alle anderen lädt die Plattform jedenfalls sehr zum Stöbern ein und bringt die ein oder andere Inspiration für eigene Beiträge.
* Geht es um Blogging-Plattform wird oftmals die Vergänglichkeit verschiedener Vorgängerplattformen wie Posterous als Argument herangezogen, um von derartigen Ansätzen abzuraten. Selbstverständlich ist auch hier nicht garantiert, dass Medium ewig am Markt bleibt. Aber wie im Falle von Posterous kann man auch hier davon ausgehen, dass die Betreiber frühzeitig darüber informieren und man dazu angehalten wird, die eigenen Inhalte zu exportieren. Dann ist immer noch ein guter Zeitpunkt ein Corporate Blog mit WordPress zu starten.
Ein Kommentar
Uwe (Hamburg)
Medium ist gerade durch das einfach zu bedienede Tool und das ansprechende Design sehr schön. Man muß nicht viel tun, um einen schönen Blog zu bekommen. Aber Medium scheint mir aktuell noch zu sehr im englischsprachigen Raum stark zu sein. Das ist relevant, da unter jedem Artikel drei Artikelempfehlungen angezeigt werden. Diese kommen auch aus anderen Blogs als dem eigenen. Da es nun im deutschsprachigen Raum nicht so viele Artikel gibt, sind die Einblendungen zum Teil eher unpassend. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass manchmal Artikel unter meinem Beitrag erschienen, deren Aussage ich als liberaler Mensch nicht akzeptieren kann. Dies lies sich nicht verhindern und ich hatte keine Lust mehr, meinen eigenen Blog zu bewerben. Ich bin auf ein anderes Tool umgestiegen.