Istanbul, 11.07.2005
Am Sonntag ist in Istanbul der Weltkongress der Architekten zu Ende gegangen. Eines der Highlights, der von mehr als 10.000 Fachleuten besuchten Veranstaltung, war die Verleihung der nur alle drei Jahre vergebenen Auszeichnungen in vier Kategorien.
Den Preis für Stadtplanung 2005 verlieh die prominent besetzte Jury der UIA (Union Internationale des Architectes) dem Portugiesen Nuno Portas, die einzige Sonderauszeichnung (“Honorable Mention“) ging an den Deutschen Hermann Sträb.
Die Bundesarchitektenkammer hatte Sträb vor allem auf Grund seiner Leistungen bei der erfolgreichen Umstrukturierung von Plattenbaugebieten und der wegweisenden Planung für Städte mit Bevölkerungsrückgang ins Rennen geschickt. Als Paradebeispiel diente der gelungene Umbauprozess der einstigen sozialistischen Musterstadt Leinefelde in Thüringen.
Die Jury begründete die Vergabe in ihrer Laudatio besonders mit der Nachhaltigkeit und Ästhetik von Sträbs Planungen sowie dem Beispielcharakter für andere Städte in einem Transformationsprozess. Der nach dem legendären Londoner Stadtplaner Sir Patrick Abercrombie benannte Preis gilt als weltweit höchste Auszeichnung für Stadtplaner.

Über die Union Internationale des Architectes (UIA)
Die UIA ist die führende internationale Organisation von Architekten. Die von staatlichen Stellen unabhängige Union wurde 1948 gegründet und vereinigt in 92 Mitgliedsländern weit über eine Million Architekten. Alle drei Jahre richten wechselnde Gastgeberländer umfangreiche Kongresse aus, die sich mit Zukunftsfragen der Architektur und des Städtebaus beschäftigen.

Über den 22. Weltkongress in Istanbul
Zehn Tage lang stand Istanbul ganz im Zeichen der Architektur. Viele der renommiertesten Architekten der Gegenwart wie Zaha Hadid, Peter Eisenman oder Tadao Ando hielten Vorträge, tauschten Standpunkte aus und wurden vom frenetischen Publikum wie Popstars gefeiert. Zahlreiche Aktionen in der gesamten Metropole sorgten für Anregung und Unterhaltung der mehr als 10.000 Fachbesucher aus aller Welt.

Über das ausgezeichnete Projekt Leinefelde
Einst ein kleines Dorf im thüringischen Eichsfeld wuchs Leinefelde mit der Ansiedlung von Textilkombinaten seit den 60er-Jahren zur Kleinstadt mit 16.500 Einwohnern, die größtenteils im Plattenbaugebiet Südstadt angesiedelt wurden. Mit dem Zusammenbruch der Industrie nach der Wiedervereinigung verließen bis heute rund 30 Prozent der Bewohner die Stadt wieder. Wohnungsleerstand und soziale Brennpunkte waren die Folge. Schon 1993 beauftragte die Stadt das Planungsbüro GRAS (Gruppe Architektur und Stadtplanung) von Hermann Sträb mit der Gestaltung des rasanten Wandels.Der Masterplan für Leinefelde wurde bereits 2002 beim „Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost“ mit dem ersten Preis bedacht. 2003 folgte der „Deutsche Städtebaupreis“ und 2004 der „Europäische Städtebaupreis“.Details unter: < http://www.werkstatt-stadt.de/ipros/03_suche/detail.php?projekt=5>

Urteil der Jury im Wortlaut
„Die Jury würdigt Hermann Sträbs Planungsarbeit für die soziale und architektonische Entwicklung der Stadt Leinefelde im ehemaligen Ost-Deutschland. Seine ökologische und ästhetische Herangehensweise wie auch die Strategien, die er entwickelte, sind äußerst überzeugend und sollten als Modell für nachhaltige Programme in Städten dienen, die große Wandlungen durchmachen.“Originalzitat (englisch): < http://www.uia-architectes.org/texte/summary/p2b1.html>

Über Hermann Sträb
Sträb (58) gründete 1979 das Planungsbüro GRAS Darmstadt, im Jahr 1991 kam GRAS Dresden hinzu, das heute die Zentrale seiner Aktivitäten bildet. Mit seinem Team beschäftigt er sich seit Jahrzehnten speziell mit Städten, die vor besonderen Herausforderungen stehen. International hat Sträb Projekte in Ländern wie Ägypten, Algerien, Benin, Ruanda oder Vanuatu – im Auftrag der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) oder internationaler Geldgeber – bearbeitet, im Inland gehen Planungen z.B. für Bad Nauheim, Bad Salzungen, Dresden oder Leipzig auf sein Konto.„Wir müssen die Stadt als einen Prozess begreifen, sie unterliegt stetem Wandel“, formuliert Hermann Sträb sein Credo. „Wenn es uns gelingt, die Menschen aktiv in diesen Prozess einzubinden, können wir die Städte besser auf die Zukunft vorbereiten.“