Wie man Influencer bei Twitter findet und warum man sie suchen sollte
Wissen, wessen Worte bei welchem Thema Gewicht haben: Unerlässlich für jeden PR-Berater – egal ob in der politischen oder der kommerziellen Öffentlichkeitsarbeit. Journalisten, Wissenschaftler und Prominente stehen daher seit jeher im Fokus unserer Arbeit, denn deren Worte finden Gehör. Und zwar qualitativ (“kennt sich aus”) wie quantitativ (“ist ständig präsent”). Klassischer Ansprechpartner Nr. 1 des PR-Verantwortlichen war und ist der Journalist. Immer wichtiger werden jedoch Personen, die sich nicht aus Profession, sondern aus privater Leidenschaft öffentlich mit Produkten auseinandersetzen. Ihr Lob – oder ihre Kritik – wirkt glaubwürdiger und erreicht wertvolle Zielgruppen.
Influencer können mittlerweile überall zu finden sein. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit findet man sie auch bei Twitter. Doch wie identifiziert man sie? Die meisten werden schon mitbekommen haben, dass die Anzahl der Follower kein zuverlässiger Indikator für “Einfluss” ist: Es dürfte Menschen geben, deren Reputation in Sachen Hosting, Realtime Bidding oder Mobile Advertising (um mal bei unseren Kunden zu bleiben) größer ist als das von Lady Gaga, die aber nur für einen Bruchteil der Follower schreiben. Was sind also dann wichtige Kriterien?
Unser Fallbeispiel: Carsharing in Deutschland
Die Suche nach relevanten Twitter-Accounts möchte ich hier am Beispiel eines fiktiven Startups für Carsharing in Deutschland veranschaulichen. Imaginärer USP des Produkts: Die Verknüpfung bereits existierender Carsharing-Modelle (z.B. Flinkster oder DriveNow), wodurch mehrere Angebote über einen Dienst genutzt werden können. Schlagworte zum Produkt: Carsharing, Auto, Mietwagen, Autovermietung, Verkehr, Mobilität/ Mobility, ökologisch, Umwelt, Transport. Im Folgenden habe ich mich auf die Suchbegriffe “Carsharing” und “Verkehr” konzentriert.
Warum eigentlich einflussreiche Twitter-User finden?
Zunächst sei die Frage berechtigt, warum es sinnvoll sein kann, einflussreiche Twitter-Präsenzen zu identifizieren. Wichtigster Grund: “Twitter” ist zurzeit das aktuelle Synonym für “Echtzeitmedium”. Nirgends verbreiten sich Informationen schneller als hier. Das haben Medien und Journalisten, aber auch andere Instanzen der Öffentlichkeit gemerkt und verstanden.
Darum sollte man Influencer bei Twitter beobachten:
Issue Management (Monitoring): Welche Themen werden gerade besprochen? Was wird von wem heiß diskutiert? Wie reagiert man darauf? Beim Thema Carsharing bietet es beispielsweise an, aktuelle Diskussionen zum Spritpreis zu beobachten und dort ggfs. eine Position zu beziehen, die sich dann auf Twitter aber auch in den Medien verbreitet.
Beziehungen pflegen und Vertrauen aufbauen: Ist man als Unternehmen selbst bei Twitter aktiv und wird dort wahrgenommen, kann man selbst Informationen bereitstellen und Beziehungen zu Influencern pflegen. Sich im Netzwerk als zuverlässiger Partner für Informationen zu etablieren, kann Gold wert sein. Ein Carsharing-Startup sollte sich bei Twitter beispielsweise Bekanntheit und Vertrauen bei Fachredaktionen, Carsharing-Anbietern und Influencern im Bereich moderner Mobilität (z.B. Blogger, Wissenschaftler) erarbeiten, aber auch die Vernetzung mit potentiellen Partnern pflegen. Kampagnen mit starken Kooperationspartner (z.B. einer Fahrradmarke oder einem Outdorrspezialisten) können die Aufmerksamkeit entscheidend verbessern.
Risk Management: Vertrauen und Kontakt zu Influencern helfen in Krisensituationen, schnell Informationen zu verbreiten und Schaden abzuwenden. Angenommen, es verbreitet sich das falsche Gerücht, die Autos des Anbieters wiesen technischer Mängel auf. Je besser die Vernetzung mit Personen mit hoher Reputation und Reichweite, deso schneller sind Falschmeldungen aus der Welt geschafft.
Was ist überhaupt “Einfluss”?
Wir sehen: Die Sache scheint wichtig zu sein. Aber wer hat denn jetzt nun Einfluss? Wie definiert man Einfluss? Generell gilt: Der Grad und die Qualität der Verbreitung und Streuung einer URL oder einer Botschaft definieren den Einfluss. Dieser setzt sich zusammen aus den Indikatoren Reichweite und Relevanz.
Reichweite (Popularität) ist die Anzahl tatsächlich erreichter Personen. Im Fall von Twitter betrifft das also die Anzahl erreichter Twitter-Accounts, der Retweets und zum Teil natürlich auch die Qualität der Follower. Besteht zu vielen Followern eine enge Beziehung und eine hohe Bereitschaft zum Teilen der Botschaften, wirkt sich das wiederum auf die Reichweite aus.
Relevanz bedeutet, dass die geteilten Informationen für verschiedene Stakeholder (z.B. Kunden) tatsächlich von Bedeutung sind. Relevanz ist jedoch immer abhängig von der Situation (kurzzeitig hohe Relevanz oder dauerhaft), der Autorität und der Vertrauenswürdigkeit des Influencers beim jeweiligen Thema. Es ist also ein Unterschied, ob ein prominenter Twitter-Nutzer einfach mal etwas zum Thema sagen möchte oder tatsächlich Kompetenzträger beim jeweiligen Thema ist.
Resultat von Reichweite und Relevanz ist Resonanz. Hier ist entscheidend, mit welcher Frequenz, in welchem Zeitraum und mit welcher Tonalität Informationen veröffentlicht werden. Influence bedeutet letztendlich die Verbreitung von Wissen, das Prägen von Einstellungen und Meinungen sowie das Beeinflussen von Entscheidungen und Aktionen.
Bei “Influencern” sollte außerdem zwischen Multiplikatoren und Meinungsführern unterschieden werden. Multiplikatoren sind z.B. Prominente. Diese verbreiten Informationen und sind vergleichbar mit “Hubs”. Meinungsführer hingegen sind z.B. Fachjournalisten und Kompetenzträger – diese produzieren Informationen und sind Autoritäten auf ihrem Gebiet.
Mit welchen Tools findet man Influencer bei Twitter?
Wie identifiziert man nun diese “Beeinflusser der Öffentlichkeit” bei Twitter? Für den Anfang lohnt es sich zum Beispiel, einfach mal zu googeln, ob ein bekannter Redakteur bei Twitter ist und was er dort macht. Dazu muss man diese Person aber bereits kennen. Für alle anderen gibt es mehr oder weniger gut funktionierende Tools und Herangehensweisen.
Mit diesen Tools lassen sich Influencer bei Twitter identifizieren:
Twitter-Suche: Mit Hilfe der offiziellen, erweiterten Twitter-Suche ist ein Echtzeitmonitoring zu bestimmten Begriffen für verschiedene Sprachen möglich. Die Auswertung und Reaktion sollte zu Beginn immer manuell erfolgen! Automatisierte Reaktionen (z.B. über IFTTT) sind eindeutig nur etwas für Fortgeschrittene und vor allem zur Unterstützung eigener Kreativkampagnen geeignet. Für das Management der (nicht erweiterten) Twitter-Such eignen sich die Tools Hootsuite oder Tweetdeck. Twitter-Suche zum Begriff “Carsharing” für unser Carsharing-Beispiel: https://twitter.com/#!/search/carsharing%20lang%3Ade
SocialBro: Hiermit ist die Suche nach Twitter-Accounts zu bestimmten Suchbegriffen für verschiedene Zeitzonen und Sprachen möglich. Zu diesen wird die Anzahl der Follower angezeigt, ein Indikator für die Reichweite. Zusätzlich wird der “Influence” angegeben, ein Indikator für Resonanz. Hier werden vermutlich Mentions und Retweets gemessen. Leider ergibt die Suche irrelevante Ergebnisse. Die Suche für den Begriff “Verkehr” (obwohl für alle Sprachen und Zeitzonen) brachte nur ein einziges Ergebnis. Beim Begriff “Carsharing” lieferte das Tool leider überhaupt keine Ergebnisse. Sicherlich ist Carcharing nicht das meistdiskutierte Thema auf Twitter, aber laut googletrends (und eigener Erfahrung) längst nicht so weit unterm Radar.
Topsy: Diese Suchmaschine liefert Tweets zu bestimmten Suchbegriffen mit der Angabe der jeweiligen Verbreitung der Inhalte. Zusätzlich werden “Experts” zum Suchbegriff mit Angabe der Mentions im gewählten Zeitraum angeboten. Eine Identifikation von Influencern ist hier aber kaum möglich. Für den Suchbegriff “Verkehr” werden hauptsächlich die jüngsten News-Artikel gezeigt. Beim Klick auf “Experts” listet Topsy einige Twitter-Accounts zum Begriff auf, beispielsweise Politiker, Medienaccounts und private Profile. Zufriedenstellend ist das Ergebnis allerdings leider nicht.
Twazzup: Liefert im Grunde die selben Daten wie Topsy, gibt aber zusätzlich diverse “Influencer” an. Für den Begriff “Carsharing” werden News-Artikel, die aktuellen Tweets zum Begriff und diverse Twitter-Accounts aufgelistet. Als Influencer werden beispielsweise @sebjabbusch, @sz_wirtschaft, @tamyca_de oder @cambio_de aufgelistet. Andererseits tauchen hier auch Accounts wie @roadsharing oder @skoops auf, die man nicht jetzt nicht unbedingt als Influencer für das Thema Carsharing in Deutschland einordnen muss.
Followerwonk: Schon bessere Ergebnisse liefert dieses Tool, das Twitter-Biografien nach den gewünschten Begriffen durchsucht und zusammen mit der Angaben verschiedener Performance-Indikatoren auflistet. Für den Begriff “Carsharing” kann man hier schon viele wichtige Twitter-Accounts finden (u.a. die Accounts einiger Carsharing-Anbieter: @tamyca_de, @DriveNow oder @Flinkster). Trotzdem sollte hier genau hingeschaut werden, ob die angebotenen Accounts auch zur eigenen Region passen. Achtung: Die Eingrenzung auf Deutschland (Location “Germany”) kann auch deutsche Accounts ausfiltern.
Klout: Neben dem automatisch berechneten Klout-Score (Indikator für Reichweite und Resonanz) bietet Klout auch eine Suche an, über die Accounts zu bestimmten Tags/ Schlagworten gefunden werden können. Die Zuordnung ist nutzerbasiert, d.h. die hier zu einem Begriff zugeordneten Accounts wurden bewusst für bestimmte Themen empfohlen – ein Indikator für Relevanz. Die Ergebnisse für den Begriff “Carsharing” erweitern unseren Influencer-Kreis allerdings nicht. Hier sollten also – wie auch bei den anderen Diensten – mehrere Begriffe gecheckt werden. Für den Begriff “Mobilität” bietet uns Klout beispielsweise den Account @zukunftmobil an, der zu einem spannenden Blog gehört.
Tweetranking: Die wichtigste deutsche Plattform! Hier findet man ebenfalls crowdbasierte, themenbezogene Empfehlungen zu bestimmten Kategorien. Hilfreich ist auch die Angabe “Ähnliche Kategorien”. Für unser Carsharing-Startup lohnt der Blick in die Kategorien “Auto”, “Mobility”, “Mietwagen” und “Verkehr”. Bei “Auto” stößt man beispielsweise auf den Twitter-Account @motortalk oder @Motorwelt (ADAC), bei “Mietwagen” auf @holidayautos oder @SixtDE. Eine Kategorie “Carsharing” existiert hier allerdings noch nicht. Für unser fiktives Startup wäre das sicher lohnenswert, diese anzulegen und sich dort zu positionieren.
Tweetreach: Hat man bereits verschiedene (vermeintliche) Influencer gefunden, lässt sich mit diesem Tool die Reichweite und Aktivität der Twitter-Accounts überprüfen, um beispielsweise eine Priorisierung oder Gewichtung vorzunehmen. Beim Flinkster-Account wird beispielsweise eine aktuelle Reichweite von knapp 1.700 erreichten Twitter-Accounts angegeben.
Fazit
Automatisiertes Aufspüren von echten “Influencern” bei Twitter erfordert eine Kombination aus geschickter Nutzung diverser Tools und – wie fast überall – das Investieren von Hirnschmalz. Zum einen müssen die Rosinen in den Suchergebnissen herausgepickt werden, zum anderen ist eine Beobachtung des jeweiligen Themas über einen längeren Zeitraum nötig. Das einmalige Nutzen von Tools zur Identifikation von Influencern kann also nur ein Anfang sein. Es kommt auch immer darauf an, wer zu meinem Thema etwas zu sagen hat: Wettbewerber, Partner oder Kunden? Am Anfang jeder Suche steht jedoch immer die Antwort auf die Frage, warum man überhaupt Influencer erreichen möchte.
4 Kommentare