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German Angst vor Facebook-Chronik und eine kleine Layout-Chronologie

, 26.01.2012,

Die Berichterstattung über die Einführung der neuen Facebook Timeline „Chonik“ zeigt einiges über die deutsche Medienlandschaft. Fast alle betonen den Umstand, dass alle Nutzer nun umstellen müssen (die Rede ist von „Chronikpflicht“ und „Zwang„) und tun so, als wäre es das selbstverständlichste der Welt, dass man sich Benutzerführung, Funktionen und Layout von Online-Angeboten selber auswählen kann.

Das kann ich aber so gut wie nie! Nicht bei Twitter, nicht bei Ebay, nicht bei Googlemail, dem Kicker oder meiner Bank. Myspace? Reden wir nicht drüber….

German Angst nennt man im angelsächsischen Sprachraum die „typisch deutsche Zögerlichkeit“ und damit ist auch die Angewohnheit gemeint, neuen Dingen möglichst aus dem Weg zu gehen. Wir waren so ungefähr die letzte Nation, die Facebook für sich entdeckt hat und jetzt soll es bitte auch so bleiben, wie es ist.

Medien versus „Datenkrake“

Und so kolportieren die Medien den Untergang des Datenschutzes und verschweigen (aus Unwissenheit oder bewusst?), dass die Nutzer es weiterhin absolut und vollkommen selber in der Hand haben, was auf ihrer Wall gepostet wird und was nicht. Und – das wird sogar einfacher – wer was sehen darf. Man muss Anwendungen weiterhin zustimmen und kann sie wieder deaktivieren.

Nutzer versus „alles neu“

Die Nutzer selber wehren sich gar nicht so sehr gegen die vermeintliche Datenkrake. Sie haben Facebook halt auch viel besser verstanden als gewisse Redakteure und sehen auch keinen Wettbewerber um Werbeetats.

Dafür aber hassen sie seit jeher jede Layoutveränderung.

Eine Layout-Chronologie

Darum hat Steffi mal für Euch einen kleinen Trip in die Geschichte des Facebook-Layouts übersetzt

***Facebook 1.0 – 2005

Die guten alten Zeiten. Das wunderschöne Original-Layout von Facebook datiert auf das Jahr 2005. Es war erfrischend, blau, einfach und unschuldig. Und es umwehte der Geist des Intimen, Geheimen.

Es war exklusiv – nur für College-Studenten. Viele entdeckten Facebook erst über Rundmails innerhalb ihrer Schule. Wer auch immer Facebook in die Schulen brachte: er machte seine Sache gut. Es hatte den Nimbus, exklusiv, sicher und im Interesse der Colleges zu operieren – dabei war das nur der erste Schritt hin zur Dominanz des gesamtes WWWs. Ein einfacheres Opfer als die naiven Akademiker, die bislang kaum eine Ahnung über das Internet hatten, gab es kaum.

***Facebook 2.0 – 2005 („The Facebook“)

Das Layout wurde „The Facebook“ genannt aufgrund seines Titels. Facebook besaß zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Domain „Facebook“, und blieb deswegen für eine Zeit bei der Bezeichnung „Thefacebook.com“. In der Geschichte von Facebook kann das wohl als eine der enspanntesten und prägendsten Phasen angesehen werden. Die Colleges versandten Einladungen, die Firma Facebook wuchs und wuchs und Mark Zuckerberg machte es sich in seinem neuen Heim in Palo Alto gemütlich.

In dieser Entwicklungsphase stand bei Facebook immer noch das Schreiben von Nachrichten und die Kommunikation mit Freunden im Vordergrund. Es gab noch nicht so viele Apps, weswegen der generelle Umgang recht entspannt, nett und vor allem nützlich war.

***Facebook 3.0 – 2006

2006 war ein Jahr des Wachstums, der Organisation und Weiterentwicklung des Facebook-Layouts. Die Facebook-Entwickler brainstormten, wie sie „the Facebook-Experience“ weiter ausbauen könnten. Das Layout wurde hin und hergeschoben, die Profilinformation wurde besser organisiert, und der ‚Events’-Bereich, der vorher ‚Parties’ hieß, vergrößerte sich. Facebook fasste Fuß und etablierte sich als erstes Soziales Netzwerk am Platz.

***Facebook 4.0 – 2007

Das Jahr 2007 markierte die erste Facebook-Expanion als wirkliche Plattform – nicht nur als Ort der Kommunikation, sondern als Interaktionsort. Das war die Ära, in der die Pinnwand zur zentralen Komponente des sozialen Lebens wurde. Das Userprofil beinhaltete einige Apps, Pokes, Bilder und soziale Komponenten, wegen denen es einfach noch mehr Spaß machte, lächerlich viel Zeit auf der Website zu vertrödeln.

***Facebook 5.0 – 2008

Im Jahr 2008 kam der Aktivitätsindex. Die Pinnwand war nun nicht nur ein spezifischer Ort des Teilens von Infos (bei dem man zum Beispiel die Neuigkeiten auf jedem Profil sehen konnte), sondern ein universeller Ort, in dem Infos innerhalb des Facebook-Netzwerks geteilt wurden. Freunde kommentierten gegenseitig ihre Fotos, stupsten einander an, fingen an, Updates zu schreiben und ganz anders mit ihren Freunden zu interagieren.

***Facebook 6.0 – 2009

2009 kann als der größte Meilenstein und die krasseste Veränderung hinsichtlich des Facebook-Layouts bezeichnet werden. Zur Zeit dieses Wandels befand sich die Plattform Facebook auf ihrem Zenit. Entwickler strömten nur so herbei, um süchtig machende Spiele bzw. das nächste Farmville oder Mafia Wars, zu entwickeln.

Der News Feed (‚Neuigkeiten’) nahm eine immer wichtigere Rolle ein, und wurde gleichzeitig anfangs zum Hassobjekt No. 1. Angelehnt an der Twitter-Idee, kleine Ideen aus dem eigenen Leben zu teilen, entschied Facebook, es ganz ähnlich zu machen. Der News Feed ermöglichte es den Facebook-Nutzern, Details aus ihrem Leben zu teilen, ohne sie einem bestimmten Freund zuzusenden (indem man an seine Pinnwand schrieb). Die Erfindung des ‚Gefällt mir-Buttons, des ‚Teilen’-Buttons, der Fan–Seiten und den interaktiveren Werbeanzeigen machte die 2009er Version von Facebook zum bis dahin spannendsten, innovativsten und unterhaltsamsten Redesign.

***Facebook 7.0 – 2010

Das Layout von 2010 ist im Grunde das Layout von heute (bis zur Timeline). Der heutige Fokus liegt auf Facebook als Nachrichtendienst, Suchservice, Chat-Service, Events-Service und Interaktions-Service via Newsfeed. Ganz schleichend wurden die User-Daten auf Facebook transparenter und öffentlicher gemacht – eine Tatsache, die öffentliche Entrüstung ausgelöst hat. Andererseits standen den Nutzern auch die Tools zur Verfügung, zu entscheiden, wem sie ihre Daten zugänglich machen möchten.

***Facebook Timeline – Die Chronik

Lasst Euch überraschen oder schaut hier und hier, was wir bisher dazu geschrieben haben. Verändern wird sich vor allem das Profil der Nutzer. Da man aber in der Regel vor allem auf seiner Wall „arbeitet“, wird sich in Wirklichkeit kaum etwas ändern und daher der große Aufschrei auch genauso schnell wieder verpuffen. Aggressive „Open Graph“-Nutzer werden allerdings feststellen, dass ihre Freunde sehr schnell genervt sein werden. Aber das hat nichts mit dem Layout zu tun!

Alle Bilder gibt es auf der Facebookseite von Facebook itself.



Über Sebastian

Sebastian ist Creative Director und kommt ursprünglich aus der Musikbranche, wo er sich sehr früh der Arbeit mit social networks gewidmet hat. Bevor er zu den Frischen Fischen stieß, hat der studierte Betriebswirt fünf Jahre für die Mobile Marketing Agentur Goyya Kampagnen konzipiert und betreut. Sebastian ist passionierter Kinder- und Jugendfußballtrainer.


2 Kommentare


  • Schöne Zusammenfassung, danke …

    Was die „German Angst“ betrifft, so tiele ich die Meinung des Autors durchaus. Andererseits ist’s ja auch mitunter gut, wenn mal jemand sagt „Halt mal, woll’n wir nicht nochmals hierüber und dadrüber nachdenken.“ Ich denke, diese „Zögerlichkeit“ kann zumindest auch zu einem tieferen Verständnis von Thema A oder B führen.
    Ich würd’s eher als „German scepticism“, versteh’n … Deutsche, die unter „German Angst“ leiden, würden vielleicht ihren FaceBook-Account abmelden oder gar nicht erst reingehen, weil „Datenkrake“ usw. ;)

  • da gehe ich vollkommen mit! Eine vollkommen überzogene und am Thema vorbeigehende Diskussion über das Wohl und Wehe der Timeline.

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